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Simone Rahn

ICH MACHE EINFACH… So würde ich mich beschreiben. Ich setze öfters Sachen um, von denen ich im Grunde keine oder wenig Ahnung habe. Auf jeden Fall beschert mir das eine Menge Erfahrungen – von den weniger erfreulichen mal abgesehen – meist positive!

Gerade bei kreativen Arbeiten hindert mich das Denken enorm. Ich sehe es meinen Werken an, wenn sie Kopfgemüse sind. Sie wirken dann so konstruiert. Das Bild „LICHT“ in dieser Ausstellung ist so eines. Im Grunde genommen kompositorisch völlig ok – aber so furchtbar clean gestaltet… Gerade deshalb hänge ich es auf. Dahingegen wirkt das lange Bild „Das Leben ist durchaus nicht so konsequent“ sehr organisch, wie Moos, das sich über einen Stein verteilt – so, als wäre es langsam gewachsen. Und tatsächlich ist dieses Werk in vielen kleinen Einzelhandlungen entstanden. Schritt für Schritt – ohne jeweils den nächsten zu kennen. Von Anfang her hatte ich absolut kein Bild vom Endziel – oder wie es „geschehen“ soll…

Ich nenne das „intuitive Arbeitsweise“. Sie ist auch auf meiner Schriftfahne im Mittelteil der Halle zu sehen. Bevor ich im Sommer 2023 mit der Fahne anfing, stand ich einfach nur lange da und habe in mich hinein gehorcht. Auf einmal kam ein Anruf. Der Anrufer hatte in seinem Status stehen: „e pluribus unum“ – „Aus vielen eines.“ – Und dann hat es Klick gemacht. Dieser Satz erfasste mich, passte zu mir – die eierlegende Wollmilchsau – und auch zum Grundgedanken dieses Festivals, wo aus vielen Schriftstilen, Techniken und Schriftschaffenden ein großes Ganzes würde…

Der Vorteil ist, du kannst dir die Zeit mit vielem Nachdenken und Planen ersparen. Der Nachteil ist, Du hast wirklich keine Ahnung, was dabei herauskommen wird. Ganz ehrlich: Ich bin selber überrascht über meine „grünen“ Stoffwerke – bin ICH das??... Hätte man mich vorher gefragt, so hätte ich entschieden Nein gesagt. Und aufhängen würde ich es bei mir Zuhause auch nicht. Das ist der Punkt: Du weißt nicht, wohin es Dich führt. Es kann dich überraschen… 

Aber zurück zur Schriftfahne. Ich versuchte ein Gefühl zu bekommen zum Spruch, zum dünnen Stoff, zur Halle und wo es hängen soll. Und ich verspürte Lust, mit der Durchsichtigkeit des Materials zu spielen, so dass man da drauf und auch da hindurch noch mehr von den „Vielen“ sehen könne… Und ich spürte, dass dieses Eins-Werden auch etwas An-ein-Wunder-Grenzendes ist. So kam ich zu der Farbe Gold. Und nach dem Gold ließ ich mich wieder leiten und anziehen von zwei weiteren Farben: Graublau und Weiß.

Der nächste Schritt war dann mit dem Graublau von oben nach unten an intuitiv gewählten Stellen zu „scribbeln“ – das heißt, unlesbar zu schreiben. Der zweite Schritt war wieder von oben nach unten mit einer weißen Fraktur den Leitsatz zu schreiben – in Spannung und Beziehung zu dem Gescribbelten. Und der finale dritte Schritt dann die Humanistische Kursive in Gold – das Lesbare und Verbindende Element, welches die beiden vorherigen, so unterschiedlichen Schriftspuren bindet – eint.

Diese Fahne war ein Prozess der kleinen, ungedachten Schritte. Sie macht mich glücklich!

An meinem Bauzaun hängen auch ein paar neu zusammengestellte Stoffresten - „Restverwertungen“. Das meine ich durchaus nicht wertend. Ich habe die Stoffe endlos lange hin und her bewegt, bis es sich stimmig anfühlte. Und dann erst versuchte ich zu dem Hintergrund ein Wort zu finden, welches diese Stimmung wiedergab.

Eine Entscheidung habe ich dann doch sehr schnell getroffen: Damit meine Präsentation doch einen „roten“, einigenden Faden bekäme, habe ich mich für Grüntöne entschieden. Alles andere konnte unterschiedlich sein.

Ein letztes Bild möchte ich noch erwähnen, weil es eine Ausnahme ist: „Wachstum“ ist 2018 entstanden und entspricht vielleicht doch eher meinem bisher angenommenen Geschmack. Ich habe es dazugenommen, weil es auch ein Teil von mir ist, dieses Spritzige, Kontrastreiche – und weil es Grün hat und mit dem Wachstums-Thema in meinen Bildern so wunderbar zusammenpasst.

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